In unserem Logikraum bereiten wir drei Tische vor. Einen Tisch zur Aussagenlogik mit Aufgaben zu Wahrheitstafeln, einen für die Mengenlehre und einen weiteren Tisch für Teilnehmer*innen, die sich mit abstrakten Logik-Aufgaben beschäftigen möchten. Unser 15-jähriger Teilnehmer setzt sich zunächst an den Tisch für die Mengenlehre, während der Andere sich der Aussagenlogik zuwendet. Für den Tisch „Mengenlehre“ haben wir einen spielerisch-anschaulichen Start vorbereitet. Wir wollen konkret damit arbeiten, was eine Menge ist, was es heißt, Durchschnitte, Vereinigungen, Teilmengen oder Komplemente von Mengen zu bilden. Dazu haben wir Mengen von Nudeln, von roten und von runden Gegenständen zusammengetragen, die von Seilen einkreist sind. Wir beginnen also abzuklären, wie viel der 15-jährige Junge von den Begriffen schon kennt. Als er sagt, er wolle nun „richtige“ Mathematik machen, ist uns klar, dass die ersten spielerischen Überlegungen ihm keine große Anstrengung bereiten und er Herausforderungen sucht. So gehen wir zügig grundlegende Begriffe durch, die er sich mit Übersetzung notiert: Vereinigung, Durchschnitt, Teilmenge, Komplement etc., um dann einfachere bis abstrakte Aufgaben zu bearbeiten. Er löst sie ohne Weiteres. Danach geht es um die De Morganschen Regeln, aber noch immer scheint er an der Ernsthaftigkeit der Thematik zu zweifeln. So zeigt er auf seinem Handy Fotos von seinem Mathematikbuch aus seiner Schulzeit, um zu zeigen, was er schon kennt. Nach zwei weiteren spontanen Aufgabenstellungen schicken wir ihn weiter, zum anspruchsvollsten Tisch in unserem Logikraum, wo grundlegende Beweise bearbeitet werden.
Der Tisch zur Aussagenlogik hat ebenfalls einen spielerischen Eingang bereit. Es wurden acht Karten vorbereitet, die auf der Vorder- und Rückseite jeweils mit einem Buchstaben oder einer Zahl beschriftet wurden. Es geht in diesem Spiel darum, Aussagen auf ihre Wahrhaftigkeit zu überprüfen. Man formuliert eine Aussage, z.B. hinter jeder 6 steht ein C, und der Gegenüber muss überprüfen, ob diese Aussage wahr oder falsch ist, indem er so wenige Karten wie möglich umdreht, um dann mit Sicherheit sagen zu können, ob die Aussage nun stimmt oder nicht. Den Teilnehmern, die sich bisher kaum oder gar nicht mit der Aussagenlogik beschäftigt haben, ist am Anfang nicht sofort klar, dass die Rückrichtung bei einer Implikation nicht gilt. Die oben erwähnte Aussage besagt, dass hinter jeder 6 ein C steht, sie besagt aber nicht, dass hinter jedem C auch eine 6 stehen muss. Hinter einem C kann auch eine andere Zahl stehen, z.B. 4 oder 3, und trotzdem stimmt diese Aussage. Um diese Aussage zu überprüfen, hätte man lediglich die Karte mit der Zahl 6 und die Karten mit den Buchstaben A und B umdrehen müssen. Diese Schwierigkeit in diesem Spiel beschäftigt die Teilnehmer*innen viel länger als gedacht. Sie lassen sich dennoch nicht davon abbringen, sondern werden dadurch sogar noch mehr angespornt. Ihr Spaß, den sie dabei haben, ist ersichtlich.
Dieses Spiel dient für uns als ein geeigneter Übergang zu den Wahrheitstafeln. Denn nachdem die formulierten Aussagen auf ihre Richtigkeit spielerisch überprüft worden sind, können wir uns ohne Probleme den Symbolen der Aussagenlogik widmen, um später Aufgaben zu Wahrheitstafeln problemlos bewältigen zu können. Da wir zu jedem einzelnen Symbol einfache Beispiel-Sätze formuliert haben, können die Teilnehmer*innen die Bedeutungen der Symbole sofort verstehen. Da aber die Vermittlung von Logik, aufgrund der Sprachbarriere sehr davon abhängt, wie man seine Aussagen formuliert bzw. welche Deutschkenntnisse die Teilnehmer*innen besitzen, ist es manchmal notwendig auf andere Methoden zurückzugreifen. Beispielsweise wechselt man zwischen zwei Sprachen hin und her.
Wie schlau und motiviert einige dieser Menschen sind, die zu uns kommen - das fasziniert uns jedes Mal aufs Neue. Viele von ihnen sind noch dabei, die deutsche Sprache zu lernen und haben deshalb manchmal Schwierigkeiten beim Verständnis. Sie lassen es sich aber dennoch nicht nehmen, an diesem Kurs teilzunehmen, was für enorme Zielstrebigkeit spricht. Ihre Freude daran motiviert uns auch, sodass die Zeit wie im Flug vergeht.